Audi BKK Online Magazin

schwerpunkt

Das biologische Alter.

Ewig jung?!

Die Unterschiede sind verblüffend: Ein 40-Jähriger kann, rein biologisch betrachtet, gute zehn Jahre jünger sein, als in seinem Ausweis steht. Er kann aber auch als Rentner durchgehen, mit der körperlichen Verfassung eines über 60-Jährigen. Wie kommt das bloß?! Wie funktioniert die Sache mit dem Altern? Die beste Nachricht vorweg: Jeder kann seinen Jungbrunnen selber anzapfen.

Die Wissenschaft ist dem „biologischen Alter“ auf der Spur. Aber was genau bedeutet das eigentlich? Experten haben anhand bestimmter körperlicher Parameter festgestellt, dass Gleichaltrige einen biologischen Altersunterschied von etwa dreißig Jahren aufweisen können. Das ist eine beachtliche Spanne – und ein Gebiet, auf dem heute intensiv geforscht wird. Mittlerweile weiß man sogar, welches die Stellschrauben sind, mithilfe derer sich die biologische Uhr zurückdrehen lässt.

Wie sich herausgestellt hat, sind es nämlich nicht allein die Gene, denen wir die Schuld für unseren körperlichen Verfall in die Schuhe schieben können. Gerade mal dreißig Prozent sind genetisch bedingt, die restlichen siebzig gehen auf unser eigenes Konto: Umwelt und Lebensstil bestimmen maßgeblich, wie wir uns mit den Jahren entwickeln. Und genau dort können wir mitmischen.

Altern ist eine multifaktorielle Angelegenheit. Das heißt, es sind eine ganze Reihe komplexer Mechanismen für den Alterungsprozess verantwortlich. Freie Radikale, chronische Entzündungen, Hormonmangel, aber auch Schädigungen des Erbguts und die Verzuckerung von Proteinen, im Fachjargon „Glykosylierung“ genannt – all das sind wichtige Akteure im großen Spiel des Lebens und Sterbens.

Einer der größten Übeltäter ist Stress.
Dauerstress und übermäßige Belastung drehen nämlich ganz beachtlich an der Lebensuhr. Auf Zellebene ist dies an den sogenannten Telomeren erkennbar. Sie sitzen wie Schutzkappen auf den Enden der Chromosomen und werden mit jeder Zellteilung ein wenig kürzer. „Haben sie eine kritische Untergrenze erreicht“, so Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, Mediziner und weltweit führender Vertreter der Anti-Aging-Medizin, „findet keine Zellteilung mehr statt. Die Uhr ist abgelaufen, die Zelle stirbt.“

Mittlerweile sehen Forscher in der Telomerenverkürzung sogar den wichtigsten Faktor im Alterungsprozess überhaupt. Aber, und das ist die gute Nachricht: Das Ganze ist keine Einbahnstraße. Telomere haben die Fähigkeit, sich wieder zu verlängern. Mit anderen Worten: Wir können uns verjüngen!

8 lebensverlängernde Tipps:

Unsere
Anti-Aging-Tipps
für Sie!

1

In Bewegung bleiben

Tauschen Sie Fernsehprogramm gegen z.B.: Fahrradfahren, Spazierengehen, Treppensteigen oder ein kleines Fitnessprogramm. Bereits 10 Minuten Bewegung haben einen messbaren Anti-Aging-Effekt.

2

Ich esse meine Suppe nicht

Egal, ob Frühstück oder Abendessen: Streichen Sie eine Mahlzeit am Tag! Das als Dinner-Cancelling oder 16:8-Fasten (16 Stunden nichts essen) bekannte Konzept hält Sie länger jung und gesund.

Mehr dazu im Videointerview mit Ernährungsexpertin Brinja Hoffmann:
www.audibkk.de/gesundheit/jojoeffekt

3

Meiden Sie Zucker

Der süße Süchtigmacher geht mit Proteinen eine verhängnisvolle Verbindung ein und macht uns krank und alt. Er verklebt die Proteine und beeinträchtigt deren Funktion (sog. "Glykosylierung"). Mögliche Folgen: verhärtete Gefäße, Durchblutungsstörungen, Bluthochdruck, Trübung der Augenlinse etc.

4

Tänzchen gefällig?

Beim Gehirn gilt eine klare Regel: Use it or lose it! (Nutze es oder du verlierst es!) Wer regelmäßig das Tanzbein schwingt, unterstützt seine grauen Zellen. Das Altern des Gehirns kann durch Discofox, Tango & Co. verlangsamt, teilweise sogar aufgehalten werden!

5

Pflegen Sie Freundschaften!

Einsamkeit ist ein Übel unserer Zeit, das Menschen jeder Altersklasse treffen kann. So schwer es auch fällt: Knüpfen Sie Kontakte. Draußen warten Menschen, für deren Leben genau SIE eine Bereicherung sind!

6

Sonne in Maßen

Genießen Sie die Sonne (Vitamin D!), aber schützen Sie sich vor Sonnenbrand. Studien zeigen immer wieder: Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor sind zwar wirksam, werden aber meist in zu geringer Menge aufgetragen. Besser: Käppi auf und Hemd an!

7

Musik, Musik, Musik!

Kaum etwas kann unsere Stimmung so sehr beeinflussen wie unsere Lieblingsmusik. Egal, was die Nachbarn sagen: Drehen Sie einfach mal auf! Oder besser noch: Spielen Sie selbst ein Instrument. Macht Spaß und hält jung.

8

Lieber lachen

Falten, Haarausfall und die ersten körperlichen Gebrechen können Angst und Verzweiflung auslösen. Oder ein mildes Lächeln. Nehmen Sie das Leben nicht zu ernst!

Junge, Junge!
Also gut, Verjüngung. Wie genau kann das gehen? Wer jetzt geheimnisvolle Wundermittel erwartet, wird vermutlich enttäuscht sein. Zwar läuft die Anti-Aging-Forschung auf Hochtouren, der Otto-Normal-Verbraucher muss sich zurzeit jedoch noch mit den altbekannten Ratschlägen zufriedengeben: Gesunde Ernährung, in Bewegung bleiben, Stress reduzieren, auf die Zigarette verzichten und es mit dem Alkohol nicht übertreiben.

Klingt nach Verzicht und Disziplin?
Ja und nein. In Sachen Sport muss man keinesfalls zum Übermenschen werden. Wichtig ist, sich überhaupt zu bewegen. Nach heutigem Wissensstand haben tatsächlich die ersten zehn Minuten den größten gesundheitlichen Effekt (Mehr zu Mobility-Übungen finden Sie im Video mit Alex Fasanya von cook&fit). Die Telomere verlängern sich durch Sport nachweislich. Die Stammzellen im Blut haben sich nach zehn Minuten bereits messbar erhöht. Für unseren Körper ist das ein Segen: Denn Stammzellen können Schäden an den Gefäßwänden reparieren und somit Alterserscheinungen rückgängig machen. Wenn man bedenkt, dass jeder Zweite (!) an einer Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems stirbt, sind diese Ergebnisse der Forschung ein Aufruf an jeden, sich täglich eine kurze Fitnesseinheit zu gönnen. Das Einstiegsalter spielt dabei keine Rolle: Auch wer erst mit Fünfzig anfängt, Sport zu treiben, kann seine Zellen wieder auf Vordermann bringen und den Alterungsprozess verlangsamen.

Ewige Jugend.

Alle wollen länger leben, aber niemand möchte alt sein. Die moderne Alternsforschung setzt heute alles daran, dass uns in Zukunft 15 bis 20 zusätzliche Jahre bei guter Gesundheit zur Verfügung stehen. Was auf dem Gebiet sonst noch so passiert? Kurioses und Interessantes im Überblick.

Blutjung?!

Das Team um Tony Wyss-Coray, Professor der Neurologie und Alzheimerforscher im kalifornischen Silicon Valley, hat eine spannende Entdeckung gemacht: Das Elixier der Jugend schlummert offenbar in unserem Blut. Durch das Blutplasma junger Menschen konnten die Alterserscheinungen bei alten Mäusen rückgängig gemacht werden. So zeigten die Mäuse eine sichtbar verbesserte Gedächtnisleistung. Ob sich diese Methode auch zur Bekämpfung der Altersdemenz beim Menschen eignen kann, wird bereits erforscht.

Achtung, Epigenetik!

Im „Holländischen Hungerwinter“ 1943/44 waren große Teile der Niederlande von der Nahrungsmittelzufuhr abgeschnitten. Viele Neugeborene hatten starkes Untergewicht. Doch statt schmächtig zu bleiben, wurden im Erwachsenenalter viele von ihnen deutlich übergewichtig, metabolische Erkrankungen traten stark gehäuft auf – vermutlich, weil sie auf „optimale Futterverwertung“ programmiert waren. Fazit: Unser vorgeburtliches Leben prägt unsere Gesundheit enorm.

Bewegung!

Der positive Effekt von Sport und Bewegung auf die Gefäße erstaunt selbst Experten immer wieder. „Regelmäßiger Sport reduziert das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, um die Hälfte! Das ist mehr, als Sie mit jedem Medikament erreichen können. Sogar mehr als Sie mit dem Einsetzen von Stents per Herzkatheter erzielen“, so Prof. Dr. Kleine-Gunk.

17.000

Menschen in Deutschland haben 2017 ihren (mind.) 100. Geburtstag gefeiert. Das sind so viele wie nie zuvor. Bei ihrer Geburt gab es noch Postkutschen und einen Kaiser.

8 Lebensjahre

Unsere Lebenserwartung steigt zurzeit mit jedem Jahrzehnt um etwa 2,5 Jahre. Jede Generation gewinnt also knapp acht Lebensjahre dazu.

Rauchen raubt Lebenszeit:

Männer ab 40, die mehr als zehn Zigaretten pro Tag rauchen, verlieren im Schnitt über neun Jahre im Vergleich zu Menschen, die nie geraucht haben. Bei Frauen liegt der Lebenszeitverlust bei sieben Jahren.

Weniger essen, länger leben.
Eine weitere äußerst wirksame und seit vielen Jahren am besten untersuchte Maßnahme zur Lebensverlängerung ist mit zwei einfachen Worten erklärt: weniger essen! Bereits in den 1930er Jahren wurde in diesem Zusammenhang Forschung betrieben. Seit dem erzielten sämtliche Studien zu diesem Thema immer die gleichen Ergebnisse: Weniger essen heißt länger leben.

Hunger ist in erster Linie natürlich Stress für den Körper. Die Kalorienrestriktion führt jedoch dazu, dass die Zelle sogenannte Sirtuine aktiviert, die als Reparaturenzyme Schäden in der Zelle und der DNA beheben. übrigens kann man die Sirtuin-Aktivierung auch durch sekundäre Pflanzenstoffe ankurbeln: Resveratrol im Rotwein, Sulforaphan im Brokkoli, Quercetin in Äpfeln und Zwiebeln sowie Curcumin aus der Gelbwurz gelten als ultimative Schutzstoffe und sind die Stars der Anti-Aging-Küche.

Fünfzehn Jahre länger leben?
Das scheint heute eine durchaus realistische Option zu sein. Für die radikalere Fraktion innerhalb der Anti-Aging-Medizin, die Vertreter der „Radical Life Extension“, sind zehn oder zwanzig zuätzliche Jahre allerdings Pipifax. Sie wollen das Altern vollständig abschaffen. Und sie sind der Meinung, der erste Mensch, der 1000 Jahre alt wird, sei heute schon geboren. Die Kerzen auf der Geburtstagstorte bekommen in Zukunft wohl ein Platzproblem. Aber den sahnigen Zuckerkram isst in 1000 Jahren vermutlich eh keiner mehr – es lebe der Brokkoli! ;-)

Experteninterview.

Im Gespräch mit Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging-Medizin.

In unserer Gesellschaft geht es immer mehr um Leistungssteigerung. Auch der Anti-Aging-Hype kann einem das Gefühl vermitteln, man dürfe selbst im Alter nicht mal einen Gang runterschalten. Warum braucht es eine „Medizin gegen das Altern“?
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk: Anti-Aging ist vielleicht ein etwas unglücklicher Begriff. Es geht natürlich genauso wenig darum, gegen das Altern zu sein, wie Antibiotika gegen das Leben sind. Im Gegenteil: Anti-Aging-Medizin ist eine Medizin, die ein gesundes, vitales Altern in Würde überhaupt erst möglich machen soll. Und in Würde zu altern heißt für mich eben auch, ohne die typischen altersbedingten Krankheiten wie beispielsweise Osteoporose oder Arteriosklerose zu leben, die oft auch verbunden sind mit Schmerz, Invalidität und vorzeitigem Tod. Warum sollte ein Mensch darauf verzichten wollen?

Mehr bewegen, weniger essen – so können wir unsere biologische Uhr zurückdrehen. Inwieweit trägt auch unsere Lebenseinstellung, unser Denken und Fühlen zum Alterungsprozess bei?
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk: Nun, Optimisten leben länger, das ist tatsächlich so! Gerade sind wieder Studien erschienen, die den Zusammenhang von depressiven Verstimmungen und Alzheimer aufzeigen. Auch Einsamkeit macht krank und kann einen frühen Tod fördern. Menschen, die optimistisch sind, die aktiv sind, haben eine bessere Gesundheit und eine höhere Lebenserwartung. Optimisten kommen ja auch bei ihrer Umwelt ganz anders an. Sie haben mehr Freunde, mehr soziale Kontakte. Und das sind ganz wichtige Faktoren für ein erfolgreiches Altern.

In Ihrem Buch berichten Sie über das Hormesis-Prinzip. Demnach ist vieles, was für uns schädlich ist, in geringer Dosis auch gut für uns – so auch Alkohol. Laut einer aktuellen Studie sollen jedoch bereits kleinere Mengen Alkohol schädlicher sein als bisher angenommen. Was raten Sie Menschen, die nun verunsichert sind?
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk: Meine Frau hat gesagt: „Wenn diese Studie stimmt, dann wärst du schon tot.“ (Lacht) Also, ich würde jetzt nicht sagen, es ist eine schlechte Studie. Es ist eine Metaanalyse, sie ist hochrangig publiziert, man muss das schon ernst nehmen. Auf der anderen Seite gibt es gegen diese Studie ein Dutzend anderer Studien, die auch hochrangig publiziert sind, aber zu dem Ergebnis kommen: Mit geringen Mengen Alkohol sind wir noch im grünen Bereich! Natürlich können solche Empfehlungen nicht immer für alle gelten. Wer ein Suchtproblem hat, wer eine geschädigte Leber hat, wer nebenbei Medikamente nimmt, der sollte auf Alkohol verzichten. Aber bei den allermeisten ist moderater Alkoholkonsum aktive Präventivmedizin.

Körperlicher Betätigung kommt im Anti-Aging ja eine ganz besondere Rolle zu. Welche Empfehlung geben Sie unseren Lesern in Sachen Sport?
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk: Bewegung ist ein Jungmacher für unsere Gefäße. Das kann man gar nicht häufig genug betonen. Es ist also in jedem Fall sinnvoll, sich eine sportliche Aktivität zu suchen. Das kann Nordic Walking sein, Schwimmen, Radfahren. Oder auch Joggen, Inlineskaten oder Skilanglauf, wenn man schon gut trainiert ist.

Wichtig ist: Übertreiben Sie es nicht! Vor allem Männer neigen ja dazu. Da verordnet man denen ein bisschen Ausgleichssport und dann fangen die sofort an für den Stadtmarathon zu trainieren. Das muss nicht sein! Man muss nicht seine körperliche Fitness und sein Anti-Aging-Programm zum Zweitberuf machen. Fit for Fun ist sicherlich schön, aber manche investieren so viel in ihre Fitness, dass sie zum Fun gar nicht mehr kommen. Ich sage gerne: Wer immer nur vorbeugt, kommt nicht mehr dazu, sich auch mal zurückzulehnen.“

Das ist ein schönes Schlusswort!
Vielen Dank für das Gespräch!

Erfahren Sie mehr
über die Anti-Aging-
Strategie nach dem
Hormesis-Prinzip.

Lesen Sie das Buch von Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk:
„15 Jahre länger leben“

Weitere Themen:

Alexander liegt auf dem Rücken – sein linkes Bein ist aufgestellt und das rechte gerade in die Luft gestreckt.

cook&fit

Fit werden und fit bleiben. Unser Fitnesscoach Alex Fasanya zeigt effektive Mobility-Übungen mit denen unser Körper flexibel bleibt. Bereit? Auf geht´s!

Mehr

Frau küsst Kuh auf die Nase.

Per Du mit der Kuh.

Der Fleischkonsum in Deutschland ist ungebrochen. Hauptsache, viel und günstig. Und das Tierwohl? Biobauer Henning Bauck erklärt im Interview, warum Qualität ihren Preis hat.

Mehr

tags

weitersagen